Stadtwirtschaft neu denken

Blogbeitrag von Michael Siebel (Fraktionsvorsitzender)

Nicht nur das WAS, auch das WIE ist entscheidend!

Seit Jahren tobt ein erbitterter Streit zwischen den Kommunen, den Kommunalen Spitzenverbänden und der Hessischen Landesregierung über den gerühmt-berüchtigten § 121 der Hessischen Gemeindeordnung. Er regelt die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen. Nach dem Gesetzestext darf sich die Kommune wirtschaftlich betätigen wenn: „der öffentliche Zweck die Betätigung rechtfertigt, die Betätigung nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Gemeinde und zum voraussichtlichen Bedarf steht und der Zweck nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen privaten Dritten erfüllt wird oder erfüllt werden kann.“

Gerade der letzte Satz ist immer wieder Stein des Anstoßes insbesondere mit dem örtlichen Handwerk. Elektromeister fühlen sich von kommunalen Energieunternehmen hintergangen, die auch Gasbrenner einbauen. Bauinvestoren hinterfragen, ob öffentliche Wohnungsunternehmen auch Reihenhäuser bauen dürfen. Trotzdem ist bislang noch keine wirtschaftliche Betätigung von der Kommunalaufsicht untersagt worden. Aber der sehr restriktiv ausgelegte Gesetzestext verhindert trotzdem wirtschaftliche Betätigungen – aus Angst vieler Kommunen, über das Ziel hinauszuschießen.

Zu dieser sogenannten Subsidiaritätsklausel führt David Rauber (in: Rauber, Rupp u.a., Hessische Gemeindeordnung, § 121 Erläuterung 4.3.3) unter anderem Folgendes aus:

„Ausgangspunkt der Prüfung ist immer der öffentliche Zweck, der deshalb sehr präzise definiert werden muss. Die Kommune muss ausweislich der Gesetzesbegründung entweder hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit oder der Qualität besser zu bewerten sein als der private Dritte“. Er betont insbesondere, dass dabei die Stadt auch außerwirtschaftliche Gesichtspunkte wie etwa soziale Aspekte berücksichtigen dürfe (etwa um Behindertenwerkstätten oder Beschäftigungsgesellschaften betreiben zu dürfen) und verweist auf die Landtagsdrucksache 16/2463, Seite 59. Hier komme der Stadt zugute, dass das Gericht einen nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum habe, sprich dass das Gericht die Entscheidung nicht vollumfänglich prüfen kann. Im Zusammenhang mit der Güte der Leistung könne vor allem deren Dauerhaftigkeit, Nachhaltigkeit (!) und Zuverlässigkeit ins Feld geführt werden.

David Rauber wörtlich: „Je wichtiger eine durch den öffentlichen Zweck gerechtfertigte Leistung für die Bürger ist, desto größer ist das Erfordernis eines krisenfesten, stetigen und von Marktschwankungen möglichst ungestörten Angebots zu sozial tragbaren Bedingungen.“

Das bedeutet, dass nach der Kommentierung auf alle Fälle noch andere Faktoren ein Rolle spielen, als die Wirtschaftlichkeit. Bedenkenswert ist aktuell, dass Kommunen dem Klimawandel begegnen müssen, dass ausdrücklich das Kriterium NACHHALIGKEIT eine Rolle spielt, ist bemerkenswert. Das heißt aber für die Kommunen, dass die Frage, was an wirtschaftlicher Betätigung gemacht werden darf, nicht nur vom WAS sondern auch vom WIE abhängt.