SPD kritisiert mutloses Wohnungspapier Es fehlen Mietendeckel, Milieuschutzsatzung und soziale Bodennutzung – Lob für Reduktion der Ausschüttungen

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27.06.2019 \|
Die SPD zeigt sich enttäuscht vom heute vorgestellten Wohnungspapier der
Darmstädter Stadtregierung. „Der Mietenwahnsinn nimmt kein Ende und es
wäre an der Zeit, mutige Entscheidungen zu treffen. Stattdessen will die
Stadtregierung ein Riesenproblem mit Minimaßnahmen lösen. Das ist mutlos
und keine angemessene Antwort auf die Fragen der Zukunft“, sagt
Fraktionssprecher Michael Siebel. „Zum Beispiel fehlt ein Mietendeckel
für den Bauverein und es gibt kein Konzept für den Rückkauf von
Grundstücken“, kritisiert der wohnungspolitische Sprecher Oliver Lott.
Für den Rückkauf von Grundstücken stehen zwar 10 Millionen Euro im
Haushalt, aber der Magistrat hat keinen Plan, welche Grundstücke er
kaufen will. Die SPD schlägt darüber hinaus vor, städtische
Wohnungsgrundstücke nur noch in Erbpacht zu vergeben. „Wir brauchen eine
neue Form der Bodennutzung“, sagt Lott. „Das knappe Gut Boden muss in
öffentlicher Hand bleiben.“ Zur sozialen Bodennutzung macht das
Wohnungspapier keine Aussage.

Unklar ist auch, ob der Magistrat eine Milieuschutzsatzung will, die
beispielsweise für das Martinsviertel oder das Woogsviertel dringend
notwendig wäre. „Immer mehr Menschen sind von Gentrifizierung betroffen.
Sie müssen Darmstadt verlassen, da sie sich die Mieten nicht mehr
leisten können“, sagt Lott. Dagegen hilft nur eine Milieuschutzsatzung,
wie sie die SPD schon im Mai letzten Jahres gefordert hat.

Die SPD begrüßt, dass der Magistrat die Ausschüttungen des Bauvereins
von 12 Millionen Euro auf 8 Millionen Euro in 2020 und auf 6 Millionen
Euro in 2021 reduzieren will. „Das ist gut und richtig und eine
langjährige Forderung der SPD, der jetzt auch die Stadtregierung folgt“,
sagt Lott. „Auch eine späte Einsicht ist eine gute Einsicht.“ In den
vergangenen sechs Jahre hat der Bauverein mit 96 Millionen Euro
Ausschüttungen zur Sanierung des städtischen Haushalts beitragen müssen.
„Es war eine der größten Ungerechtigkeiten der letzten Jahre, dass der
städtische Haushalt auf dem Rücken unserer Sozialmieterinnen und
Sozialmieter saniert wurde. Damit ist nun Schluss!“

Ansonsten ist der Beschluss des Magistrats ein Besinnungsaufsatz, der
bekannte Forderungen an den Bund und das Land formuliert und auflistet,
was in der Vergangenheit gemacht wurde. Beispielsweise wurden die
verbleibenden ca. 700 städtischen Wohnungen in 2013 an den Bauverein
veräußert und nicht an den Meistbietenden verkauft. Hatte das der
Magistrat ernsthaft in Erwägung gezogen? Erneut lobt sich der Magistrat
für die Kooperationsvereinbarung mit dem Bauverein, 100 Sozialwohnungen
pro Jahr zu schaffen. „Wir verstehen allerdings nicht, warum der
Bauverein nicht 200 Wohnungen als Sozialwohnungen schaffen kann“, so
Lott. Tatsächlich wurden in den letzten drei Jahren auch nur rund 150
Sozialbindungen zurückgekauft, während über 1.000 Wohnungen aus der
Sozialbindung gefallen sind.

Offensichtlich nimmt der Magistrat nicht wirklich wahr, dass 2871
Menschen als wohnungssuchend gemeldet sind. Das zeigt, dass die
Wohnungsnot auch nach vielen Jahren grün-schwarzer Koalition noch enorm
ist.