Michael Siebel: Es bringt uns nicht weiter, unsere Verschuldung weg zu reden – SPD-Fraktion fordert Magistrats-Kommission mit allen Fraktionen zur Haushaltskonsolidierung

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14.05.2018 \|
Unübertroffen, deutschlandweit führend: Bei der Verschuldung ist
Darmstadt Spitzenreiter. Zu diesem Ergebnis kommt das Statistische
Bundesamt. Für den verantwortlichen CDU-Kämmerer hat die Untersuchung
jedoch „kaum Aussagekraft“ – für die SPD-Fraktion dagegen sehr wohl.
Daher stellte sie jetzt den Antrag,  eine Magistrats-Kommission zur
Haushaltskonsolidierung einzurichten, unter Beteiligung aller
Fraktionen.

 

Aussagekraft hin, Aussagekraft her – hierüber will Michael Siebel nicht
streiten. Er hat seinen Antrag deshalb auf eine Basis gestellt, bei der
er davon ausgeht, dass sie von der Stadtregierung als „aussagekräftig“
angesehen wird, nämlich die Haushaltssatzung der Wissenschaftsstadt
Darmstadt. Schließlich stammt die nicht aus der Feder des Statistischen
Bundesamtes, sondern aus der des Kämmerers. Und hier stehen knapp 21
Millionen Euro an Miesen aus laufender Verwaltungstätigkeit. „Dieses
Defizit wird uns ab kommendem Jahr richtig auf die Füße fallen“, meint
der SPD-Fraktionssprecher.

 

Wie Siebel ausführt, hat sich Darmstadt an dieser Stelle bislang mit
Kassenkrediten über Wasser gehalten. Doch die bekommt die Stadt dann
nicht mehr. Grund ist die Teilnahme an der Hessenkasse, die den Griff
nach Kassenkrediten verwehrt. „Obendrein verschärft sich die Lage noch,
weil wir ab 2019 gezwungen sind, das Defizit aus laufender
Verwaltungstätigkeit nicht bloß auszugleichen, sondern darüber hinaus
einen Überschuss zu erwirtschaften, mit dem wir unsere Kredittilgung,
gut 17,5 Millionen, zahlen können“, erläutert Siebel unter Verweis auf
den Finanzplanungserlass aus dem Hessischen Innenministerium. „Unter dem
Strich müssen wir dann also 37 Millionen auftreiben, ansonsten gehen wir
baden, weil der Haushalt nicht mehr genehmigungsfähig sein wird.“ In
seinem Antrag schreibt Siebel deshalb als eine Aufgabe für die
einzurichtende Magistratskommission vor, sie möge ein Konzept für die
Lösung dieser prekären Situation erarbeiten.

 

In einem weiteren Arbeitsauftrag greift Siebel Gelder auf, die bereits
jetzt für die kommenden Jahre fest verplant sind.
„Verpflichtungsermächtigungen“ nennt sich dieses Vorgehen, mit dem die
Parlamente über das jeweilige Haushaltsjahr hinaus Ausgaben
festschreiben, die dann zweckgebunden getätigt müssen. Hierzu zählt etwa
die Umgestaltung des Willy-Brandt-Platz/Mathildenplatz. Hierfür sind in
den kommenden drei Jahren insgesamt knapp 16 Millionen festgeschrieben; 
für den Neubau der Brücke Rheinstraße über die Bahn sind es insgesamt 18
Millionen bis 2022. Weitere Projekte, für die über das aktuelle
Haushaltsjahr hinaus schon Gelder festgeschrieben wurden, sind unter
anderem die ÖPNV-Erschließung Lichtwiese, die Haltestelle Nordbahnhof,
die Wartehalle an der Haltestelle Eberstadt, der Ersatzneubau der
Brücken Stirnweg und Hilpertstraße, die Erneuerung der Brücke
Modaustraße, oder auch die Nieder-Ramstädter Straße. Insgesamt sind bis
2022 bereits 70 Millionen Euro „ermächtigt“.

 

„Das müssen wir bedenken“, mahnt Siebel. „Vor allem muss die Frage
geklärt werden, wie wir damit umgehen, wenn wieder Kostensteigerungen
auftauchen. Denn seit Grün-Schwarz regiert, existieren die bei uns mit
der Selbstverständlichkeit und Unabwendbarkeit von Naturgesetzen.“ Das
Parlament aber ist lediglich auf die festgeschriebenen Summen
verpflichtet, nicht jedoch auf Mehrkosten, wie der SPD-Fraktionschef
betont. In diesem Falle stelle sich dann die politische Frage, entweder
Bauruinen zurück zu lassen, oder weiteres Geld rein zu pumpen, um das
Projekt fertig zu stellen. Siebel geht beides gegen den Strich. „Ein
unvollendetes Werk ist bislang nur Beethoven zu Ruhme gereicht und
Bauruinen sind nicht zu verantworten“, meint er. „Ebenso wenig sind aber
die permanenten Mehrkosten zu verantworten. Diese Salami-Taktik ist
nicht hinnehmbar.“ Deshalb soll die Magistrats-Kommission vor dem
Hintergrund der zur Sitte gewordenen Mehrkosten eine Strategie für den
Umgang mit den Verpflichtungsermächtigungen erarbeiten. „Und
vielleicht“, so hofft Siebel, „kommen wir ja auch mal dahin, in den
kalkulierten Kostenrahmen zu bleiben, anstatt sie ständig zu sprengen.
Denn das wäre die beste Lösung.“

 

Ein dritter Arbeitsauftrag an die geforderte Magistrats-Kommission
betrifft die Eigenkapitalquote der Stadt, ein Wert, der aufzeigt, wie
viel Darmstadt investiert und damit besitzt. Sie hat sich geringfügig
verbessert und ist von 13 auf 14 Prozent gestiegen. Nach Siebels Ansicht
immer noch extrem niedrig. „Mindestens 30 Prozent sollten es sein.“ Die
Kommission soll deshalb einen Vergleich mit anderen Städten und darauf
aufbauend ein Konzept erarbeiten. Die SPD-Fraktion möchte, dass es hier
nach oben geht. „Erstens garantiert eine hohe Eigenkapitalquote, dass
auch in schwierigen Zeiten ein ausreichendes Polster vorhanden ist.
Zweitens geht es um Generationengerechtigkeit“, begründet Siebel die
Haltung seiner Fraktion. „Wir können das Nettovermögen nicht aufzehren
und unsere Kinder dann vor dem Nichts stehen lassen.“

 

Schlussendlich soll die Magistrats-Kommission auch eine Strategie
entwickeln, wie der nächste Haushalt ausgeglichen werden kann,
insbesondere unter Verzicht auf Einmal-Effekte. „Es bringt uns nicht
weiter, unsere Verschuldung weg zu reden. Davon verschwindet sie nämlich
nicht. Realitätsverweigerung macht alles nur noch schlimmer. Wir müssen
uns nun mal eingestehen, dass es miserable aussieht. Dann können wir
auch daran arbeiten, das zu ändern“, meint Siebel. „Wir haben mit
unserem Antrag hierfür die Initiative ergriffen. Nun liegt es an den
übrigen Fraktionen, mitzuziehen und gemeinsam für eine Zukunft unserer
Stadt zu arbeiten, die auf einem soliden Fundament steht, das auch
nachfolgende Generationen trägt.“