Die Lehren aus Corona

admin

30.06.2020 \|
**SPD-Fraktion: Schulen müssen gerechter, besser, digitaler werden** –
Die Corona-Pandemie hat deutlich gezeigt, wie sehr in Deutschland der
Bildungserfolg von dem Elternhaus abhängt. Mit jedem Tag, den die Kinder
in den letzten Wochen nicht die Schule besucht haben, wächst der
Lernabstand zwischen den Kindern abhängig von ihrer Herkunft und ihrem
Bedarf an Lernunterstützung. Betroffen sind vor allem die Kinder, die
nicht das Glück haben, in eine Familie hineingeboren zu sein, in der
ihre Eltern die Rolle von ErsatzlehrerInnen im sogenannten Homeschooling
übernehmen können – weil sie aus finanziell benachteiligten
Lebensverhältnissen kommen, nicht Deutsch als Muttersprache sprechen
oder sonst mit den akademischen Bildungsinhalten nicht vertraut sind.
Für Kinder aus Familien mit weniger Geld ist nicht selten schon der
Zugang zu einem leistungsfähigen Computer oder Internetanschluss eine
hohe Hürde – vom selbst organisierten Umgang mit digitalen Lernräumen
oder schicken Lern-Apps ganz zu schweigen. Diesen SchülerInnen fehlt in
beengten Wohnverhältnissen oft die angemessene Lernumgebung, ihnen fehlt
die Struktur des Schulalltags und nicht zuletzt der unmittelbare Kontakt
zu ihren Lehrern.

Darüber hinaus bringt die Corona Krise zum Vorschein, dass es nach wie
vor viel zu wenige Lehrkräfte an hessischen Schulen gibt. Diese
chronische Unterversorgung wird fortbestehen, da eine enorme Anzahl von
Lehrkräften in den nächsten Jahren pensioniert wird.

Auch wenn die hessische Landesregierung das Hessische Schulgesetz ändert
(LINK) und am 16. Juni einen neuen Gesetzesentwurf mit dem Titel „Gesetz
über ein Corona-Kommunalpaket und zur Änderung des Gesetzes zur
Förderung der digitalen kommunalen Bildungsinfrastruktur an hessischen
Schulen (Corona-Kommunalpaket-Gesetz)“ einbringt,  bleiben etliche
Problemlagen ungeklärt.

 

**1.             Mehr Lehrkräfte für Hessen!**

Die Corona Krise zeigte insbesondere, dass es in Hessen zu wenige
Lehrkräfte gibt. So sind knapp 12% aller Lehrkräfte  über 60 Jahre alt
und zählten damit in  Zeiten dieser Pandemie zur Risikogruppen. Somit
ergab und ergibt sich für die verbleibenden Lehrkräfte eine erhebliche
Mehrbelastung. Es wurde mehr als deutlich, dass es nun kreative und
pragmatische Konzepte braucht, um den steigenden Lehrerbedarf endlich
bewältigen zu können und eine individuelle Förderung von Schülerinnen
und Schüler möglich zu machen.

Somit wiederholt die SPD Fraktion Darmstadt sowie der
Landtagsabgeordnete Bijan Kaffenberger an dieser Stelle die Forderung an
das Land Hessen, endlich nachhaltig den faktischen Lehrkräftemangel zu
bekämpfen und individuelle Förderung in der Schule zu ermöglichen.

 

**2.            Mehr Mittel für mobile Endgeräte!**

Laut dem Digitalpakt sowie dem o.g. neuen Gesetz, sollen insgesamt 50
Millionen für mobile Endgeräte bereitgestellt werden. (37 Millionen
Bund/ 13 Millionen Land). Dies stellt aus Sicht der SPD aber nur einen
ersten Schritt dar, reicht aber bei Weitem nicht aus, um alle zu
versorgen, die Unterstützung benötigen.

So hat die Corona Pandemie  gezeigt, dass vor allem Kinder und
Jugendliche aus einem benachteiligten Umfeld, den Anforderungen eines
digitalen, auf homeschooling basierenden Unterrichts, oft nicht gerecht 
werden können. Dies liegt auf der einen Seite daran, dass Hardware
Geräte wie Laptops, PCs oder Drucker nicht zur Verfügung stehen und auf
der anderen Seite daran, dass kein dauerhafter Internetzugang
gewährleistet ist. Um dieser Ungleichheit entgegen zu wirken, ist es
unabdingbar, mobile Endgeräte leihweise  zur  Verfügung zu stellen und
eine Lösung für fehlende Internetzugänge zu finden.

Die nun veranschlagten 50 Millionen reichen jedoch nur für circa 10-15 %
der Schülerinnen und Schüler aus. Für Darmstadt bedeutet dies, dass der
Schulträger circa 1,2 Millionen € bekommt, um bspw. Laptops zu
finanzieren. Nimmt man an, dass ein Laptop circa 400€ kostet, dann
könnten circa 3000 Laptops gekauft werden. Bei knapp 300000 Schülerinnen
und Schüler (Tendenz steigend)  bedeutet dies, dass nur knapp jeder/e
10. Schülerinnen und Schüler in Darmstadt ein solches Leihendgerät
nutzen könnte.

Da es- Stand heute- nicht geklärt ist, wie die Schulträger die Mittel
verteilen, ist die Gefahr groß, dass beispielsweise Kinder und
Jugendliche aus Familien, deren Einkommen knapp über der Grundsicherung
liegt sowie Kinder und Jugendliche von Alleinerziehenden mit geringem
Einkommen leer ausgehen.

Daher fordert die SPD Fraktion zum einen die Stadt Darmstadt auf,
schnellstmöglich alle vom Land bereitgestellte Mittel abzurufen und  in
mobile Endgeräte zu investieren. Zum anderen fordert die SPD Fraktion
die Stadtregierung dazu auf, sich beim Land Hessen für weitere Gelder
zum Kauf  mobiler Endgeräte einzusetzen und eine echte
Lernmittelfreiheit einzufordern.

 

**3.            Dienstlaptops und Fortbildungen für Lehrkräfte!**

Die Corona Pandemie hat uns außerdem verstärkt vor Augen geführt, dass
nicht nur Schülerinnen und Schüler häufig keine Endgeräte besitzen,
sondern auch Lehrkräfte häufig nicht ausreichend digital ausgestattet
sind. Manche  Lehrkräfte sind  zudem aus verschiedenen nachvollziehbaren
Gründen mit der Aufgabe, kurzfristig digitalen Unterricht zu gestalten, 
überfordert.

Aus diesem Grund fordert die SPD Fraktion die Stadt und das Land auf,
dafür zu sorgen, dass genügend mobile Endgeräte auch für  Lehrkräfte zur
Verfügung gestellt werden und zudem Fort- und Weiterbildungen im
digitalen Lehren und Lernen vermehrt angeboten und genutzt werden.

 

**4.            Ein Schulportal für Hessen!**

Eine weitere Erkenntnis der Pandemie ist, dass es in Hessen kein
einheitliches, datenschutzkonformes Schulportal für alle Schulen gibt,
welches sich vollumfänglich für homeschooolling eignet. So haben die
Erfahrungen in letzter Zeit gezeigt, dass die Schulen sich selbst helfen
mussten. Dies hat dazu geführt, dass verschiedenste Anwendungen genutzt
wurden. (bspw. Microsoft 365, zoom, moodle, whatsapp, Big Blue Button,
Lanis…)

Da die Server dieser Portale oft nicht in der EU stehen, ist es
datenschutzrechtlich auf Dauer mehr als bedenklich, diese weiterhin für
schulsensible Daten zu nutzen.

Aus diesem Grund fordert die SPD Fraktion die Stadtregierung dazu auf,
sich beim Kultusministerium dafür einzusetzen, das Schulportal Lanis
schnellstmöglich so weiterzuentwickeln, sodass Videokonferenzen,
Chatfunktionen und das Uploaden von Daten (via moodle) problemlos und
bedienbar funktionieren.

 

**5.            IT Support für Schulen erweitern!**

Natürlich dürfen Schulen bei der Umsetzung dieser Vorhaben nicht alleine
gelassen werden. In der Regel kümmern sich viele Lehrkräfte in ihrer
Freizeit um den IT Support in der ihrer Schule. Dies stellt einen nicht
zumutbaren Mehrumfang an Arbeitszeit dar.

Aus diesem Grund fordert die SPD Fraktion die Stadt Darmstadt auf, den
personellen IT Support für Darmstädter Schulen massiv zu erhöhen. Im
Idealfall soll es einen IT Beauftragten pro Schule geben, der nicht aus
Reihen des Kollegiums stammt. Dieser/e soll dann für das Schulportal und
die Hardware an Schulen verantwortlich sein.

 

**6.           W- LAN Offensive an Darmstädter Schulen**

Damit digitales Lernen nicht nur von zu Hause stattfindet, ist es
unabdingbar dafür zu sorgen, dass digitales Lernen und Medienkompetenzen
auch in den Schulen vermittelt werden können. So verfügen nur 28 von 42
Schulen über einen W-LAN Zugang. Darüber hinaus ist es nicht
auszuschließen, dass dieser nicht dauerhaft ist.

Daher fordert die SPD Fraktion die Stadtregierung zum wiederholten Male
auf, endlich die baulichen und technischen Voraussetzungen dafür zu
schaffen, dass alle Schulen in Darmstadt über W-Lan verfügen!

Konsequenzen für Darmstadt:

Diese 6 dargestellten Punkte offenbaren, dass wir auch in Darmstadt von
einer echten Bildungsgerechtigkeit noch weit entfernt sind.

Damit in Zukunft die Herkunft nicht mehr über die Qualität der
schulischen Bildung entscheidet, setzen wir uns für den Ausbau der
Grundschulen in gebundene Ganztagsschulen ein. Wir brauchen 5 neue
Grundschulen, die schnell geplant und realisiert werden müssen. Die
nächsten zwei weiterführenden Schulen müssen nach unserem Verständnis
integrierte Gesamtschulen werden.

Dazu muss es eine auskömmliche sonderpädagogische Grundversorgung an
allen Schulen geben, die dem tatsächlichen Bedarf gerecht wird, ohne
Lehrkräfte zusätzlich zu belasten. So wollen wir erreichen, dass durch
bessere Rahmenbedingungen für alle Schülerinnen und Schüler auch alle
von der schulischen Inklusion profitieren.

Das bedeutet, dass jede Schule in die Lage versetzt wird, bei Bedarf
inklusiv zu arbeiten.

Die Darmstädter Berufsschulen müssen zu den besten Schulen der Stadt
werden, um auch duale Ausbildungsgänge wieder wertvoller zu machen.

Dort wo kommunale Fördermittel vergeben werden, passiert dies in Zukunft
nach dem Prinzip der Notwendigkeit, Bildungsungerechtigkeit
auszugleichen und nicht nach dem Prinzip der Gießkanne.